Drei Jahre Baustelle an der B 304, gesperrter Radweg – und noch immer keine brauchbare Alternativroute zwischen Grasbrunn, Vaterstetten und Haar: Der Ersatzneubau der Brücke über die A 99 reiht sich nahtlos ein in eine Serie schlecht kommunizierter Infrastrukturprojekte.
Die Brücke der B 304 über die A 99 an der Anschlussstelle Haar muss neu gebaut werden – so weit, so nachvollziehbar. Eine Bauwerksprüfung hat ergeben, dass die Betonüberdeckung der Stahlbewehrung unzureichend ist. Um Gefahren für die darunterliegenden Autobahnfahrbahnen zu vermeiden, wird bereits jetzt ein Schutznetz angebracht. Im Oktober 2025 beginnt dann der eigentliche Bau: Rodungen, Leitungsverlegungen, Behelfsbrücke und schließlich der Neubau. Geplante Bauzeit: rund drei Jahre.
Wie so oft bei Großbaustellen an der A 99 trifft es erneut vor allem Radpendler und Schüler – sie leiden am stärksten unter den Einschränkungen: In der Planung spielen ihre Bedürfnisse aber kaum eine Rolle.
Während der Bauzeit wird der Radweg entlang der B 304 also komplett gesperrt. Das betrifft insbesondere die Schüler des Ernst-Mach-Gymnasiums Haar und der Mittelschule Haar, die aus Harthausen, Grasbrunn, Vaterstetten oder Baldham kommen – viele von ihnen fahren täglich mit dem Rad über diese Strecke.
Der naheliegende Ausweichweg entlang der Bahnlinie München–Rosenheim wäre eine mögliche Lösung gewesen – doch genau hier zeigt sich erneut das Infrastrukturversagen auf Landes- und Bundesebene.
Der sogenannte „Schnelle Radweg“ München–Ebersberg, der hier verlaufen sollte, wurde nicht nur jahrelang diskutiert und bisher nicht umgesetzt – der bestehende Weg entlang der Bahnlinie ist in einem derart schlechten Zustand, dass er für Schüler, Berufspendler oder gar Rettungskräfte kaum nutzbar ist. Die Gemeinde Grasbrunn hat den Eigentümer, die DB InfraGO, zuletzt am 17. Juni 2025 erneut eindringlich aufgefordert, diesen Weg wenigstens provisorisch herzurichten – auch als Ausweichroute in der Bauzeit.
Die Kritik ist nicht neu: In mehreren Artikeln in Grasbrunn Aktuell (weiterführende Links am Ende des Artikels) wurde auf die verpasste Chance hingewiesen, eine nachhaltige Radverbindung im Münchner Osten zu schaffen. Das Vorhaben wurde von der Bahn blockiert oder verschleppt – trotz klarer Förderzusagen des Freistaats.
Auch jetzt ist von koordinierter Planung nichts zu spüren. Zwar wurde die Autobahn GmbH gebeten, mit der DB InfraGO über eine Umleitung zu sprechen – konkrete Ergebnisse gibt es aber keine. Weder ist klar, ob die Bahn kooperiert, noch ob die Umleitung tatsächlich kommt. Das ist besonders ärgerlich, weil nicht nur Schulwege betroffen sind, sondern auch viele Berufspendler, die bewusst aufs Rad umsteigen – aus Umweltgründen oder weil der Verkehr auf der B 304 chronisch überlastet ist.
Gerade in einer Zeit, in der Radverkehr offiziell gefördert werden soll, wirkt dieses Projekt wie aus der Zeit gefallen: Drei Jahre Bauzeit, aber keine frühzeitige Information über Umleitungsrouten. Keine Einbindung der Schulen, kein durchdachtes Mobilitätskonzept für den Umstieg auf Bus oder Bahn. Und wieder bleibt die Verantwortung zwischen Landesbehörden, Autobahn GmbH und Bahn hin- und hergeschoben.
Die Bürger der betroffeneren Gemeinden fordern seit Jahren eine bessere Radinfrastruktur im Münchner Osten. Im aktuellen Fall muss sofort geklärt werden, ob der Bahntrassen-Weg entlang der S-Bahn als sichere Ausweichroute genutzt werden kann – und wer den Zustand so verbessert, dass Schüler, Pendler und Rettungsdienste ihn befahren können.
Die Verantwortlichen in Landkreis, Autobahn GmbH und Bahn sind in der Pflicht: Bauzeit ja – aber nicht auf Kosten derer, die auf Alternativen angewiesen sind.
Frühere Artikel zum Thema:
Was ist eigentlich mit der „Schwammerlbrücke“, die südlich der B304 über die A99 führt? Ist die als Alternative für Radfahrer geeignet? Ich bin der Meinung, dort schon ein paar Mal über die Autobahn geradelt zu sein…
Die „Schwammerlbrücke“ südlich der B 304 führt zwar von Neukeferloh nach Haar, bis auf die Brücke selbst ist der Weg aber unbefestigt und nur sehr schwer mit einem normalen Fahrrad befahrbar.