Mit Plakaten und Megafon verliehen sie, auch mit Unterstützung von Mirgliedern des Bund Naturschutz ihrer Sorge über den drohenden Verlust eines ökologisch wichtigen Waldstücks lautstark Ausdruck. Nach der Demonstration diskutierten in der CSU-Veranstaltung mit dem Titel “Was wird aus der Finckwiese” viele Demonstranten und etwa 50 weitere Zuhörer im Bürgerhaus Haar über die wirtschaftlichen Notwendigkeiten und Zukunftsperspektiven der Gemeinde.
Das geplante Gewerbegebiet auf der Finckwiese (auf der Karte Rot markiert) umfasst 80.000 Quadratmeter. Für die Zufahrtsstraße sollen etwa 3.000 Quadratmeter Bannwald (auf der Karte Blau markiert) gerodet werden – eine Fläche, die Bürgermeister Andreas Bukowski (CSU) als „kleinere Sache“ bezeichnete, was Naturschützer auf die Palme bringt. „Wälder sind keine Petitessen“, betonte Carmen Gnann vom Landesbund für Vogelschutz (LBV), die die Proteste organisierte. Sie forderte, die Interessen der Allgemeinheit über die eines Privatinvestors zu stellen. Auch Prof. Dr. Peter Paul Gantzer, Gemeindrat der SPD Haar, war bei der Demonstration anwesend und kritisierte die Pläne.
Die Finckwiese gehört der Dibag Industriebau AG. Nach Überzeugung der Gemeinde Haar ist die Entwicklung der Fläche jedoch entscheidend für die Sicherung ihrer finanziellen Handlungsfähigkeit. Bukowski warnte vor Szenarien wie in Karlsfeld, wo finanzielle Engpässe u.a. den Betrieb des Hallenbads gefährden.
Die Befürworter des Projekts argumentieren mit einer dringend benötigten Erhöhung der Gewerbesteuereinnahmen. Der CSU-Vorsitzende Dietrich Keymer erwähnte etwas neidisch das Gewerbegebiet im Ortsteil Keferloh der Gemeinde Grasbrunn, wo die Gemeinde in der Entwicklung schon viel weiter wäre als Haar.
Das neue Gewerbegebiet würde wahrscheinlich Einnahmen von bis zu 14 Millionen Euro generieren können – eine entscheidende Einnahmequelle, um bestehende Einrichtungen wie Hallen- und Freibäder zu erhalten.
Kritiker, wie der Haarer Grünen-Politiker Ulrich Leiner, betonen jedoch, dass eine ganzheitliche Planung notwendig sei. Er forderte, statt ausschließlich auf Gewerbe auch auf Wohn- und Einkaufsmöglichkeiten zu setzen, um das Areal nachhaltig zu entwickeln. Zudem schlug er vor, die Zufahrt zum Gewerbegebiet um 50 Meter zu verlegen, dass der Bannwald nicht beeinträchtigt wird.
Das 2019 vorgestellte Gewerbeentwicklungskonzept für Haar (Link zum PDF, 28 MB) identifizierte die Finckwiese als strategisch bedeutsamen Standort. Hochwertiges Gewerbe soll dort angesiedelt werden, um Arbeitsplätze in der Region zu schaffen und das wirtschaftliche Profil der Gemeinde zu schärfen. Dabei legt das Konzept jedoch Wert auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Gewerbe, Wohnen und Erholungsräumen. Allerdings scheint man von dieser Idee mittlerweile abgekommen zu sein, den am Informationsabend der CSU Haar wird immer wieder betont, dass Wohnraum keine Gewerbesteuern bringen würde.
Der Konflikt bleibt bestehen: Kritiker wie der LBV argumentieren, dass der Verlust von Bannwald für die Gemeinde und die umliegenden Gemeinden einen irreversiblen Schaden darstellt, insbesondere angesichts der steigenden Bedeutung von Klima- und Naturschutz.
Des Weiteren zweifeln viele Bürger an, dass es bei den geplanten zu bebauenden Flächen bleibt und dass es nur eine Frage der Zeit wäre, bis der hintere Teil der Fläche an der Forsthausstraße (auf der Karte Gelb gekennzeichnet) auch bebaut wird.
Der Konflikt in Haar ist auch für Nachbargemeinden wie Grasbrunn von Interesse. Viele Einwohner pendeln nach Haar und nutzen dessen Infrastruktur. Zudem könnten ähnliche Konflikte um Flächenverwendung in Grasbrunn auftreten. Das Gewerbeentwicklungskonzept empfiehlt eine interkommunale Zusammenarbeit, um Nutzen und Lasten besser zu verteilen und umweltfreundlichere Lösungen zu finden.
Lesen Sie dazu auch folgende Artikel:
Grasbrunn Aktuell: “Paradise City” in Haar” vom 09.07.2021
Süddeusche Zeitung: “Streit um Firmenansiedlung in Haar” vom Süddeusche Zeitung: “Wald als Standortvorteil” vom 21.11.2024
Ein großes Dankeschön an die Ortsgruppe Grasbrunn des Bund Naturschutz, die uns mit ihrer Erfahrung bei der Demo tatkräftig unterstützt hat. Es hat gezeigt, dass der Einsatz für unseren Naturschutz gemeinsam über Orts- und Verbandsgrenzen hinweg ausgezeichnet funktioniert.
Wir waren überwältigt von dem hohen Andrang bei der Demo und dem unglaublichen Engagement der beteiligten Menschen. Danke auch an die vielen, die sich bereits davor und danach bei uns, dem LBV Haar, gemeldet haben. Und den Tenor möchten wir gerne zurückgeben: Schön, dass sich so viele getraut haben, ein starkes Zeichen zu setzen!